Vom Wundarzt zum Penicillin
Neue Sonder­ausstellung im Museum

Das Heimat­museum Pfuhl startet in die neue Saison mit der Sonder­ausstellung „Vom Wundarzt zum Penicillin“. Dazu haben die „Museums­freunde Pfuhl“ im Haus in der Haupt­straße 73 das Erd­geschoss gewisser­maßen in ein Behandlungs­zimmer bzw. eine Apotheke von anno dazu­mal verwandelt. In Wort, Bild und mit zahl­reichen Raritäten wird der medizinische Bogen von der Antike bis zur Neuzeit gespannt.

Über das gelungene Werk freut sich Vereins­vorsitzender Hans-Werner Ast: „Ohne die drei Fach­leute Dr. Anton Schweigart aus Pfuhl, seinem Kollegen Heinrich Luible aus Nersingen sowie dem Apotheker Franz Utzinger aus Burlafingen, hätten wir die Aus­stellung nicht stemmen können. Großer Dank an sie, ebenso an sämtliche Vorstands­mitglieder, die die Ausstellung unter Feder­führung von Vereins­mitglied Reinhard Raats entworfen und begleitet haben“. Reinhard Raats hat nämlich in aufwändiger Arbeit über medizinische Koryphäen und Entdecker, deren Leistungen die Welt der Medizin samt Forschung schlag­kräftig verändert haben, recherchiert und das Ergebnis in Abhandlungen samt Fotos aufs Papier gebracht.

Die Ausstellung führt bis zum griechischen „Hippokrates von Kos“ zurück, der als berühmtester Arzt des Altertums gilt und um 460 v. Chr. lebte. Dem folgen Details über die Professoren und Doktoren Ernst Ferdinand Sauerbruch (1873 bis 1951), Wilhelm Conrad Röntgen (1845 bis 1923) und Robert Koch (1843 bis 1910) sowie Rudolf Virchow (1821 bis 1902).

Der Dank des Vorsitzenden Ast geht ebenso an das Deutsche Medizin­historische Museum in Ingolstadt, bei denen die Pfuhler Anregungen sowie etliche Leihgaben holten. Damit die Ingolstadt-Exkursion erfol­greich wurde, halfen noch seine Stell­vertreterin Uschi Denzel, Reinhard Raats und Marianne Pöhnlein mit.

Ein Weg nach Pfuhl lohnt. Die Besucher erfahren unter anderem aller­hand interessantes über den einstigen „Wund­arzt“. Da darf natürlich der legendäre „Dr. Eisen­barth“ – Johann Andreas Eisen­barth (von 1663 bis 1727) – samt seinem bekannten Lied nicht fehlen. Diverse Heilmethoden wie etwa der „Prießnitz-Wickel“ und die Wasser­kuren des Vincent Prießnitz (1799 bis 1851), oder der viel gerühmte und heute noch gängige „Ader­lass“, gleich dem „Schröpfen“, ergänzen die Sammlung.

Geheimnis­voll und voller Rätsel wird’s durch die „Wunder­heilungen“ aus dem 18. Jahr­hundert, die im „Pfuhler Hausbuch“ des ehemaligen Pflüger-Seldehauses (in der Pfuhler Haupt­straße), das von Reinhard Raats für die Besucher quasi in „Rein­schrift“ anschaulich verfasst wurde. Darin geht es um Kräuter, Tinkturen, Salben und Tränklein sowie Zauber­sprüche gegen Krank­heiten. Ein großes Kapitel wird außerdem der Arbeit der Hebamme gewidmet, angefangen in der Antike. Das entsprechende Anschauungs­material fehlt ebenso wenig, das Baby samt Waage, der historische Kinder­wagen, der Mess­stab oder eine Übungspuppe.

Ein echtes Juwel stellt die viel­fältige Apotheker­einrichtung dar, die Apotheker Franz Utzinger dem Verein leih­weise über­lassen hat. Ergänzt wird das Werk durch die von Dr. Luible ver­liehenen und aus­gedienten Praxis-Utensilien, wie etwa ein weißer Original-Praxis-Schrank aus dem 20. Jahrhundert, diverse OP-Geräte, Stethoskope, oder das EKG-Gerät. Das Skelett aus Kunst­stoff wurde von der Tochter Tina von Uschi und Paul Denzel verliehen.

Die Ausstellung in der Haupt­straße 73 ist sonn­tags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Eintritt frei

Text und Bilder: Inge Pflüger


Sonderausstellung:

„Vom Wundarzt zum Penicillin“

ab Sonntag, 17. September 2023 im alten Rathaus in Pfuhl.
Jeden Sonntag von 14.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.

Pfuhler Postkarten
im Wandel der Zeit

Text von Inge Pflüger.

Postkarten sind Zeugnisse ihrer Zeit. Der Pfuhler Günther Heimann hat ungeahnte Schätze der Nachwelt in seinem Nachlass hinter­lassen. Seine Witwe Hilde hat die Raritäten – von anno 1897 bis 1995 – den „Museumsfreunden“ für die Sonder-Ausstellung „Pfuhler Post­karten im Wandel der Zeit“, überlassen. Auf etwa 15 Metern Stell­wänden können die Besucher des Heimat­museums Pfuhl ab Palm­sonntag, 25. März, die Raritäten im Museums­stadel bewundern. Dass solch eine Ausstellung überhaupt zustande kam, ist der Idee des Vereins­mitgliedes Reinhard Raats zu verdanken und nicht zuletzt Hilde Heimann, die diese Sammlung freigab. Übrigens: Das Ehepaar Heimann gehörte vor mehr als 30 Jahren zu den Gründungs­mitgliedern des Museums und des Vereins – eine Unter­abteilung der städtischen Sammlungen Neu-Ulm. Hier dankt Reinhard Raats speziell dem städtischen Museums-Team, mit ihrer Leiterin Dr. Helga Gutbrod an der Spitze und auch dem Pfuhler Vereins­vorstand mit dem Vorsitzenden Rolf-Dieter Klossika. Sie alle haben nämlich „grünes Licht“ für die Ausstellung gegeben. Die Vielfalt der Ansichts-Karten ist beein­druckend, denn es gibt keine Standart­motive. Was nämlich heute per E-Mails oder Apps erledigt wird, haben die Generationen von einst auf Post­karten – meist fein säuberlich in Sütterlin­schrift – der Nachwelt hinter­lassen. 

Ausstellung: In der Firma Raats & Gnam hat Reinhard Raats in mühevoller Klein­arbeit die Raritäten gesichtet, geordnet und eingescannt, damit die Vorder- und Rück­seiten der Karten auf Foto­papier übertragen werden konnten. Anschließend wurden sie dann an den Stell­wänden im Museums­stadel angebracht. Die Raritäten, ob bunt, schwarz-weiß oder im Sepia-Farbton, führen vor, worauf man einst speziell im Dorf Pfuhl stolz war. So haben beispielsweise die Wirte ihre Gast­häuser oder Brauereien, Immobilien­besitzer ihre Häuser und Geschäfts­leute ihre Läden oder Werk­stätten von Wander­fotografen aufnehmen lassen, um sie dann in Post­karten­form an Freunde oder Kunden zu verschicken. Ausgespart in der Heimann-Sammlung – Günther Heiman ist 2015 verstorben – wurden auch nicht Feld­post­karten beider Weltkriege. Zudem erfährt der Besucher, dass Mitte des 19. Jahr­hunderts in Europa die ersten, zum Teil von Hand illustrierten, Grußkarten aufgetaucht sind. So hat der Wormser Lithograf Wilhelm Schneider die erste deutsche Ansichts­karte im Dezember anno 1866 verschickt – es war eine Einladung zur Treibjagd. 
Kleine Juwelen im historischen Stadel sind auch jene Karten, die ehemalige Pfuhler Persönlich­keiten, wie etwa der einstige Schul-Rektor Theo Volk, verschickten. Ein Besuch in der Hauptstraße 73 lohnt sich allemal. 

Ausschnitte aus der Ausstellung:

Ausstellung: Kirchenspieß und Totenkrone

Ora et labora
(„bete und arbeite“) ist ein Motto, das sich auf die Tradition des Ordens der Bene­diktiner­mönche bezieht. Es stammt aus dem späten Mittel­alter. Doch noch bis ins 20. Jahr­hundert hinein sind Kirche (bete) und Alltag (arbeite) eng mit­einander ver­woben. Unter All­tag versteht man alle gewohn­heits­mäßigen Abläufe bei zivili­sierten Menschen im Tages- und Wochen­zyklus.

Die Pfuhler Museums­freunde haben sich damit befasst und eine Jahres­aus­stellung zusammen­gestellt, die sich mit dieser Thematik aus­ein­ander setzt.

So war es früher erste Bürger­pflicht, dass alle Erwach­senen und auch Heran­wachsenden sonntags in die Kirche gingen. Das blieb aber auch geris­senen Ganoven nicht verborgen. Konnten sie doch in dieser Zeit ganz entspannt in die ver­lassenen Häuser einbrechen und alles stehlen, was nicht niet- und nagelfest war. Hier war schnelle Abhilfe gefordert! Deshalb bestellte jedes Dorf mindestens zwei beherzte Männer, die mit einem (Kirchen)Spieß bewaffnet während des Gottes­dienstes umher zogen und jedes auf­fällige Ver­halten über­prüften und meldeten. Der Nachteil war, dass diese (Schutz)Männer in jedes der Häuser eintreten konnten und so ganz genau wussten, wie die Inhaber dort lebten und welchen Vermögens­stand sie ungefähr hatten.

In der sonn­täg­lichen Kirche waren so genannte Umgänger tätig, die auf­passten, dass während der Predigt niemand ein­schlief oder sonstige laute Äußerungen von sich gab. Wenn der Schlaf einen früh aus den Federn gekommenen Bauern oder andere Personen während der damals sehr langen Predigten doch über­mannte, fuhr der Umgänger dem Schlafenden mit einem Brenn­nessel­busch, der an einem langen Stock befestigt war, unver­mittelt durchs Gesicht. Die so unsanft Ermahnten ver­zichteten zumeist auf einen weiteren erhol­samen Schlaf.

Eine Toten­krone war Schmuck­gegen­stand bei der Bestattung von Säug­lingen und Kindern oder jung ver­stor­benen Ledigen. Belege dafür gibt es aus dem gesamten euro­päischen Raum und für die Zeit vom Ende des 16. bis zum 19. Jahr­hundert, vereinzelt noch bis ins 20. Jahr­hundert. Unsere Toten­krone war in Pfuhl an verschiedenen Be­erdi­gungen beteiligt und ist ein Original.

Der originale Kirchenspieß aus Holzschwang.

Solche Stecken mit Brenn­nesseln verwendete der „Umgänger“.

Bildergalerie

Aus­stellungs­eröffnung

Sonderausstellung:
Hinter Schloss und Riegel

Die historische Geiger'sche Schlösser- und Beschlag­sammlung. Wurde Ende Juni 2017 beendet.

Wie kommt man auf die Idee, Schlösser und Beschläge zu sammeln?

Haupt­mann Geiger erzählt es selbst in einem Bericht aus dem Jahr 1907:

„Schließlich dürfte es nicht uninteressant sein zu erfahren, wie ich als ursprünglicher Gemälde- und Kunst­blätter­sammler dazu kam, eine solch große Alt­eisen­sammlung anzulegen, über welche nicht­sach­verständige Leute sich gelegentlich sogar verächtlich geäußert oder wenigstens die Nase gerümpft haben.

Obwohl in der alten Reichs­stadt Ulm, wo in vielen Gebäuden noch alte Beschläge an Türen und alter­tümlichen Möbeln zu sehen sind, aufgewachsen und am Stuttgarter Poly­technikum und in der bayerischen Artillerie- und Genie­schule in München als Jng. Offizier ausgebildet, wurde ich auf diese schönen Eisen­arbeiten erst später als Sammler durch Anschaffung einiger alter Renaissance-Möbel, wie man sie vor 30 Jahren und jetzt noch bei Altertums­händlern in Ulm billig erwerben konnte, aufmerksam.

Diese zur stil­gemäßen Ausstattung der Wohnung bestimmten Möbel waren defekt, es fehlte oft auch ein Teil der Beschläge. Zum Zwecke der Restau­ration dieser Möbel musste ich stilgerechte alte Beschläge im Vorrat kaufen, um sie gelegentlich zu verwenden. 
So kam ich, der ich früher nie ein Auge für diese Eisen­arbeiten gehabt hatte, auch von andern nie darauf auf­merksam gemacht worden war, zur Erkenntnis, wie schön und kunst­voll diese Arbeiten waren. 
Ich legte nach und nach eine grössere Sammlung an und da sich in der­selben mehrere Schlösser, Schlüssel­schilde mit Jahres­zahlen befanden, war es mir möglich, in den Grenzen von 20–30 Jahren, mit Sicher­heit schon aus den Beschlägen auf die Zeit der Entstehung des Gebäudes oder der Möbel etc. zu schliessen.

Möge der sach­kundige Besucher der Ausstellung mit Befriedigung erkennen, wie schön und kunst­voll diese alten Schlosser­arbeiten waren und möge diese Erkenntnis durch diese Ausstellung in immer weitere Kreise dringen!“


Tür­klopfer aus dem 15. Jahr­hundert in Gestalt eines drachen­tötenden Hl. Georg.

Schlüssel 1400 bis 1800. Vergoldete Kammer­herren­schlüssel.

Trägerin des Pfuhler Heimat­museums ist die Stadt Neu‑Ulm.

Der 1987 gegründete Verein Museums­freunde Pfuhl e. V. konzipiert und betreut die Ausstellungen.

Heimat­museum Neu-Ulm/Pfuhl
im ehemaligen Rathaus
Hauptstraße 73
89233 Neu-Ulm/Pfuhl
Telefon: 07 31 / 9 40 89 26
E-Mail: Heimatmuseum.Pfuhl@atgmail.com

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