Text von Inge Pflüger.
Postkarten sind Zeugnisse ihrer Zeit. Der Pfuhler Günther Heimann hat ungeahnte Schätze der Nachwelt in seinem Nachlass hinterlassen. Seine Witwe Hilde hat die Raritäten – von anno 1897 bis 1995 – den „Museumsfreunden“ für die Sonder-Ausstellung „Pfuhler Postkarten im Wandel der Zeit“, überlassen. Auf etwa 15 Metern Stellwänden können die Besucher des Heimatmuseums Pfuhl ab Palmsonntag, 25. März, die Raritäten im Museumsstadel bewundern. Dass solch eine Ausstellung überhaupt zustande kam, ist der Idee des Vereinsmitgliedes Reinhard Raats zu verdanken und nicht zuletzt Hilde Heimann, die diese Sammlung freigab. Übrigens: Das Ehepaar Heimann gehörte vor mehr als 30 Jahren zu den Gründungsmitgliedern des Museums und des Vereins – eine Unterabteilung der städtischen Sammlungen Neu-Ulm. Hier dankt Reinhard Raats speziell dem städtischen Museums-Team, mit ihrer Leiterin Dr. Helga Gutbrod an der Spitze und auch dem Pfuhler Vereinsvorstand mit dem Vorsitzenden Rolf-Dieter Klossika. Sie alle haben nämlich „grünes Licht“ für die Ausstellung gegeben. Die Vielfalt der Ansichts-Karten ist beeindruckend, denn es gibt keine Standartmotive. Was nämlich heute per E-Mails oder Apps erledigt wird, haben die Generationen von einst auf Postkarten – meist fein säuberlich in Sütterlinschrift – der Nachwelt hinterlassen.
Ora et labora
(„bete und arbeite“) ist ein Motto, das sich auf die Tradition des Ordens der Benediktinermönche bezieht. Es stammt aus dem späten Mittelalter. Doch noch bis ins 20. Jahrhundert hinein sind Kirche (bete) und Alltag (arbeite) eng miteinander
verwoben. Unter Alltag versteht man alle gewohnheitsmäßigen Abläufe bei zivilisierten Menschen im Tages- und Wochenzyklus.
Die Pfuhler Museumsfreunde haben sich damit befasst und eine Jahresausstellung zusammengestellt, die sich mit dieser Thematik auseinander setzt.
So war es früher erste Bürgerpflicht, dass alle Erwachsenen und auch Heranwachsenden sonntags in die Kirche gingen. Das blieb aber auch gerissenen Ganoven nicht verborgen. Konnten sie doch in dieser Zeit ganz entspannt in die verlassenen Häuser einbrechen und alles stehlen, was nicht niet- und nagelfest war. Hier war schnelle Abhilfe gefordert! Deshalb bestellte jedes Dorf mindestens zwei beherzte Männer, die mit einem (Kirchen)Spieß bewaffnet während des Gottesdienstes umher zogen und jedes auffällige Verhalten überprüften und meldeten. Der Nachteil war, dass diese (Schutz)Männer in jedes der Häuser eintreten konnten und so ganz genau wussten, wie die Inhaber dort lebten und welchen Vermögensstand sie ungefähr hatten.
In der sonntäglichen Kirche waren so genannte Umgänger tätig, die aufpassten, dass während der Predigt niemand einschlief oder sonstige laute Äußerungen von sich gab. Wenn der Schlaf einen früh aus den Federn gekommenen Bauern oder andere Personen während der damals sehr langen Predigten doch übermannte, fuhr der Umgänger dem Schlafenden mit einem Brennnesselbusch, der an einem langen Stock befestigt war, unvermittelt durchs Gesicht. Die so unsanft Ermahnten verzichteten zumeist auf einen weiteren erholsamen Schlaf.
Eine Totenkrone war Schmuckgegenstand bei der Bestattung von Säuglingen und Kindern oder jung verstorbenen Ledigen. Belege dafür gibt es aus dem gesamten europäischen Raum und für die Zeit vom Ende des 16. bis zum 19. Jahrhundert,
vereinzelt noch bis ins 20. Jahrhundert. Unsere Totenkrone war in Pfuhl an verschiedenen Beerdigungen beteiligt und ist ein Original.
Der originale Kirchenspieß aus Holzschwang.
Solche Stecken mit Brennnesseln verwendete der „Umgänger“.
Unter dem Kellerboden des ehemaligen Pfuhler Amtshauses, dem heutigen Heimatmuseum, schlummert ein irdener Schatz aus dem späten Mittelalter.
Näheres dazu im Innerern des Museums.
Trägerin des Pfuhler Heimatmuseums ist die Stadt Neu‑Ulm.
Der 1987 gegründete Verein Museumsfreunde Pfuhl e. V. konzipiert und betreut die Ausstellungen.
Heimatmuseum Neu-Ulm/Pfuhl
im ehemaligen Rathaus
Hauptstraße 73
89233 Neu-Ulm/Pfuhl
Telefon: 07 31 / 9 40 89 26
E-Mail: Heimatmuseum.Pfuhl@atgmail.com
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